Burnout – ausgebrannt?

Warum leiden immer mehr Menschen unserer Zeit an einem sogenannten Burnout? Gibt es dieses Burnout eigentlich wirklich? Oder ist es nur eine neue Modebezeichnung für ein bekanntes psychisches Problem, welches mit einem neuen Namen versehen wurde?

Die Fachwelt scheint sich zum dem Thema nicht ganz einig zu sein. Gibt man in eine Suchmaschine den Begriff „Burnout“ ein, landet man bei einer Vielzahl an unterschiedlichen Informationen und Erklärungsansätzen.
Was jedoch der englische Begriff Burnout sehr gut umschreibt und ein Kennzeichen für diesen krisenhaften Zustand ist, ist das Ausbrennen. Eine tiefe Erschöpfung, keinerlei Ressourcen, kein „Brennmaterial“ mehr übrig, eine innere Leere, die Schwierigkeit keine Erholung zu finden, die einzig vorherrschenden Gefühle sind Sinnlosigkeit und Leere.

Allein nur beruflicher Dauerstress?
Auf der Seite einer Klinik kann man lesen, dass das Burnout einen Schlusspunkt einer schon lange dauernden, sehr hohen Stressbelastung darstellt. Somit ist der berufliche Dauerstress, der scheinbar das Burnout verursachte, nur der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.

Was könnte der Ursprung sein?
Für Betroffene ist dieser Zustand des ausgebrannt Seins im wahrsten Sinne des Wortes eine individuelle Folge einer langen Lebensgeschichte von grossem inneren und äusserem Stress, Flucht und Kampf, wahrscheinlich auch sehr frühen Traumatisierungen.
Die Lebensgeschichten sind so vielfältig, wie Menschen individuell und einzigartig sind.

Risikofaktoren für Burnout?
Oft liest man, dass es so etwas wie „Risikofaktoren“ für Burnout gäbe (Perfektionismus, hohe Erwartungen, Gewissenhaftigkeit…). Und die Behandlungsziele der konventionellen Medizin lauten oft Ausruhen, Entspannen, Energiebalance ausgleichen und Stress abbauen. Geht das so ohne weiteres?

Was, wenn unser Nervensystem schon sehr früh auf Stress gepolt wurde? Was wenn wir keine gute Selbstregulation erlernen konnten, weil wir in einer traumatisierten, sehr gestressten Mutter während der Schwangerschaft schon einem sehr hohen Cortisolpegel ausgesetzt waren? Und was, wenn uns als Burnoutbetroffener diese Zusammenhänge und sehr frühen Umstände unserer Existenz nicht mehr bewusst sind? Was wenn dieser Dauerstress unsere Normalität war und ist und diese Auswirkungen aber so tief in unser Nervensystem eingespeichert wurde, dass sie wie unbewusste Programme in uns ablaufen?

Das autonome Nervensystem und sein Umgang mit Stress
Die Polyvagal-Theorie könnte uns an dieser Stelle wertvolle Hinweise geben, wie Entspannung und Anspannung in unserem Körper funktioniert und gesteuert wird. Diese Theorie beschäftigt sich dem Sympatikus und dem Parasympatikus als Teile unseres autonomen Nervensystems. Der Parasympatikus wird hier noch in den dorsalen und den ventralen Vagusnerv unterteilt. Der Sympatikus steht dabei für den aktivierenden, mobilisierenden Teil (Flucht und Kampf) mit zum Beispiel schnellerem Herzschlag, verringerter Verdauung und der Einstellung von Reperaturprozessen im Körper. Der Parasympatikus hingegen steht übergreifend für den ruhenden und regenerierenden Teil, der für Entspannung sorgt, den Herzschlag und Atmung verlangsamt, die Verdauung aktiviert und Reparaturarbeiten des Körpers wieder aufnimmt. Dr. Porges hat jedoch in diesem System des Parasympatikus noch folgende Unterschiede festmachen können. Der ventral-parasympathische Zweig des Vagusnervs ist für das System des soziales Engagement wohingegen der dorsal-parasympathische Zweig des Vagus die Immobilisierung (Erstarrung, Dissoziation) aktiviert.

Das autonome Nervensystem besteht also aus drei Teilen und ist der unbewusste Vermittler zwischen innerem und äusserem Geschehen und der körperlichen Anpassung die entsprechenden Gegebenheiten. In diesen wichtigen neuronalen „Leitungen“ in unserem Körper werden zwischen Hirn, dem Stammhirn, den Organen und unserem restlichen Körper Informationen austauscht. Unberührt vom Bewusstsein schätzt das autonome Nervensystem die Umwelt ein und steuert je nach Bewertung die Adaption der körperlichen Reaktionen auf eine freundliche, feindliche oder lebensbedrohliche Umgebung. Je nach dem, wie die Einschätzung auf die Umwelt ausfällt, wird der sympatische oder jeweilige parasympatische Zustand aktiviert.

Wir kennen das, wenn wir plötzlich zu schwitzen beginnen, obwohl sich die Temperatur im Raum nicht geändert hat. Vielleicht stecken wir aber in einer Situation, die uns unangenehm ist? Unsere Physis weiss dies viel früher, als unser Verstand es wahrnehmen kann.


Denkanstösse für Ausgebrannte
Auf Basis dieser Vorüberlegungen können wir uns nun die Frage stellen, in welchen sozialen Situationen fühlen wir uns sicher und geborgen, so dass wir zur Ruhe kommen können? Gab es in unserer Kindheit in der Interaktion mit unserer Mama und mit dem Papa harmonische und auf die Bedürfnisse des Kindes ausgereichtete Interaktionen? Konnte unser ventral-parasympatischer Zweig des Vagusnerv Ruhe, Entspannung, geliebt sein, Vertrauen, Sicherheit und Feinfühligkeit erleben? Durch welchen Bindungsstil waren wir mit unserer Mutter verbunden? Welche Prägung erhielten wir durch unsere frühkindlichen Prägungen durch unsere Bindungspersonen in Bezug auf unsere Erwartungen mit Menschen?
Welche Hinweise gibt mir mein Körper, welche Rückschlüsse auf meine frühe Kindheit oder Prägung in Bezug auf mein autonomes Nervensystem zulassen könnte? Kenne ich parasympatische Zustände in denen ich mich wirklich erholen kann oder falle ich höchstens in den Zustand der Unbeweglichkeit oder Erstarrung und habe diesen immer mit Entspannung verwechselt? Brauche ich Hilfmittel, um überhaupt zur Ruhe zu kommen? Was passiert mit mir, wenn ich in Ruhe bin?
Vielleicht gibt es zu diesem Thema ein Anliegen, welches du formulieren möchtest?